Else Schmitz-Gohr

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12. August 1901 (Köln) bis 13. Dezember 1987 (Köln, Friedhof Melaten - Grab: Lit J zwischen A und B)

Pianistin, Klavier-Professorin, Komponistin

Else (Elisabeth) Schmitz-Gohr studierte am Kölner Konservatorium Klavier und Komposition (Dr. Otto Klauwell, Fritz Hans Rehbold und Prof. Franz Bölschewar). Sie war die Nichte des weltberühmten Dirigenten Arthur Nikisch.

Die junge Frau debütierte mit 17 Jahren im Kölner Gürzenich unter Leitung von Hermann Abendroth und begann eine Karriere als Solistin. In Berlin setzte sie am Stern’schen Konservatorium ihre Musikstudien bei Frieda Kwast-Hodapp (Klavier), James Kwast (Klavier) und Prof. Wilhelm Klatte (Komposition) fort. Als Schülerin von Frieda Kwast-Hodapp, die bei Reger gelernt hatte, war Else Schmitz-Gohr „Enkelschülerin“ des berühmten Komponisten.

Ihre Schwester Ria Schmitz-Gohr machte derweil Karriere als Sologeigerin und studierte später Gesang, sie hatte auf Podium und Bühne zwar keinen anhaltenden Erfolg, glänzte dagegen in reiferen Jahren als begehrte Gesangspädagogin, mit Privatschülern und mit Lehrauftrag an der Westberliner Musikhochschule. Die Schwestern hielten lebenslang einen engen Kontakt.

Mit 26 Jahren übernahm Else Schmitz-Gohr eine Ausbildungsklasse für Klavier am Stern’schen Konservatorium; sie konzertierte zu dieser Zeit mit Erfolg im In- und Ausland. Viele ZuschauerInnen bewunderten, wie sie mit ihren verhältnismässig kleinen Händen das weitgriffige Klavierwerk von Liszt und Reger bewältigte (so teilte ein Schüler mit ).

Else Schmitz-Gohr komponierte Orchester- und Kammermusikwerke sowie Klavierstücke (Liste s.u.), das bekannteste Werk ist die in Notenform vorliegende „Elegie für die linke Hand“.

1944 erhielt Else Schmitz-Gohr einen Lehrauftrag an der Rheinischen Musikschule in ihrer Heimatstadt Köln. Von 1958 bis 1966 arbeitete sie als Dozentin für Hauptfach Klavier an der Staatlichen Hochschule für Musik Köln. 1960 - erst mit 59 Jahren - wurde sie hier zur Professorin ernannt. Ihre wichtigste und hochverehrte Bezugsperson war in dieser Zeit der Präsident der Hochschule, der Pianist und Komponist Professor Walter Braunfels.

Else Schmitz-Gohr galt als eine sehr vielseitige Pianisten- und Pädagogen-Persönlichkeit. Ihr Schüler Manfred Reuthe erinnert sich: Alle meine klavier-technischen Grundlagen habe ich Frau Professor Schmitz-Gohr zu verdanken, die meine jugendliche Ausbildung ganz entscheidend geprägt und gefördert hat und an die ich voll Sehnsucht und Nostalgie zurückdenke. Sie galt als absolut unangefochtene Autorität und wusste mit Aura und Ausstrahlung ihre Studenten zu hohen Leistungen zu motivieren. Jedes Projekt wurde zunächst technisch-manuell und langsam-minuziös durchgearbeitet. Frühe Planung der ausgeklügelten Fingersätze, ihre Eintragung mit Bleistift in die Noten, legato-Bindungen, der relativ sparsame Gebrauch des rechten Pedals usw. waren wichtige Bestandteile ihres methodischen - einerseits analytischen, andererseits mitreissend-eindringlichen - Unterrichts-Konzeptes. Frau Schmitz-Gohr war der Typ der streng-gründlichen, niemals autoritär-streitbaren Lehrmeisterin, die auch keine mühselige und nervenaufreibende Klein- und Knochenarbeit mit weniger talentierten Studenten bei der Überwindung der technischen Schwierigkeiten bis zur Erlangung des gewünschten Resultates scheute.

Berühmte PianistInnen profitierten von ihrem Unterricht, so die Brüder Alfons und Aloys Kontarsky, die ihren Weltruhm auf ihrer Duo-Arbeit begründeten. Weitere SchülerInnen sind Erika Radermacher, Helmut Ockenfels, Erika Niessen-Babinecz, Georg Kröll (1953-1959), Manfred Reuthe, Joachim Volkmann, Bernhard Klee, Dietmar von Capitaine und Anne-Marie Matthes (geb. Goldenberg), die 1970 bis 1977 ihre Assistentin war.

Es versteht sich von selbst, dass bei einer Pädagogin dieser Qualität und Hingabe oftmals Zeit und Kraft fehlten, eigene Klavier-Rezitals und Solo-Auftritte im Rahmen von Orchesterkonzerten vorzubereiten. Ihre seltenen Konzerte wurden stets bejubelt.

Nochmals Manfred Reuthe: Ich entsinne mich an eine grossartige Aufführung des Klavierkonzertes Nr. 1 b-moll von Peter Tschaikowski mit dem Städtischen Orchester Bonn unter der Leitung des damaligen Generalmusikdirektors Otto Volkmann (Vater ihres o.g. Schülers Joachim V.) Anfang der fünfziger Jahre in Bonn. Mitte der fünfziger Jahre hörte ich sie in einem ebenso qualifizierten Klavierabend im Kölner Belgischen Haus.

Else Schmitz-Gohr trat gelegentlich in Live-Sendungen des Westdeutschen Rundfunks Köln auf (Redaktion Anne-Margret Neumann).

Frau Professor Else Schmitz-Gohr blieb unverheiratet und kinderlos. Sie lebte viele Jahre mit der Kollegin und Freundin Cora Cremer zusammen, die ebenfalls in der gemeinsamen Wohnung unterrichtete (Ubierring 56, Köln).

Frau Schmitz-Gohr arbeitete bis in ihre letzten Lebensjahre - später gesundheitlich eingeschränkt - mit PrivatschülerInnen. Nach dem Tode ihrer Freundin Cora Cremer verbrachte sie ihren Lebensabend allein lebend in ihrer Wohnung, deren Zentrum der hochqualifizierte Steinway-Flügel darstellte. In ihrem Tagesablauf spielte das tägliche Klavierstudium nach wie vor die Hauptrolle der Lebensqualität. Sie lebte ihren täglichen kleinen Freuden und feinschmeckerischen Genüssen und starb hochbetagt im unerschütterlichen Glauben an Bach und Beethoven.

Preise:

  • 1922 Gustav-Holländer Medaille

Kompositionen (nach Recherchen von Antje Olivier):

Tasteninstrumente

  • Leichte Sonatinen, Variationen über ein Thema von Robert Schumann
  • Andante sostenuto für Klavier solo
  • Capriccio für Klavier (1914)
  • Fantasie F-Dur für Klavier (1918)
  • Suite für Klavier (1945)
  • Elegie für die linke Hand, in „Frauen komponieren“, Mainz, Schott 1985

Kammermusik

  • Scherzo E-Dur für Violine und Klavier
  • Andante tranquillo für Klavier, Violine und Cello
  • Lyrische Sonatine F-Dur in einem Satz für Violine und Klavier
  • Rhapsodie für Violine und Klavier
  • Allegro moderato für Klavier, Violine und Cello (1919)
  • Andante G-Moll für Klaviertrio (1919)
  • Blockflöten-Duett in Kirchentonarten (1957)

Orchestermusik

  • Ouvertüre G-Moll für Orchester (1917)

Vokalmusik

  • Zwei Lieder mit Klavierbegleitung

Diskographie:

  • Lyrische Sonatine F-Dur/Suite für Klavier/Elegie für die linke Hand/Sonate G-Moll für Violine und Klavier/Andante sostenuto für Klavier/Capriccio für Klavier. Ria Schmitz-Gohr (Violine), Else Schmitz-Gohr (Klavier). Tonstudio Breuer, Köln.

Literatur über Else Schmitz-Gohr:

  • Rheinische Musikschule. Die wechselhafte Geschichte des Kölner Konservatoriums bis 1975, Norderstedt 2005.
  • Komponistinnen von A bis Z, hrsg. von Antje Olivier, Düsseldorf 1988.
  • International Encyclopedia of Women Composers, hrsg. v. Aaron I. Cohen, New York ²1987.
  • Festschrift zur Gründung des Kölner Konservatoriums, Köln 1960.

Links:

Prof. Else Schmitz-Gohr wird auf der Frauenfriedhofsführung des Kölner Frauengeschichtsvereins näher vorgestellt.

Das Archiv Frau und Musik und das Sophie-Drinker-Institut besitzen Manuskripte und Notenkopien.

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