Frauen-Zeitung

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Die Gartenlaube (1883) 721

Die "Frauen-Zeitung" war das Sprachrohr der frühen deutschen Frauenbewegung. Louise Otto-Peters (* 1819 – † 1895) war Begründerin dieser wöchentlich erscheinenden Zeitung für Frauen.

Chronologie

Im März 1849 legt Theodor Haffner, ein Buchdrucker in Großenhain, das von Louise Otto verfasste Programm für eine "Frauen-Zeitung" mit dem Motto "Dem Reich der Freiheit werb' ich Bürgerinnen" im Sächsischen Ministerium des Innern vor. Am 21. April 1849 erscheint die Nr. 1 der "Frauen-Zeitung", redigiert von Louise Otto in Meißen, im Verlag von Theodor Haffner in Großenhain und wird von der Buchhandlung Heinrich Matthes in Leipzig in Kommission genommen. Ende 1850 tritt in Sachsen ein neues Pressegesetz in Kraft. Dessen § 12 erlaubt nur im Königreich Sachsen wohnenden männlichen Personen, die verantwortliche Redaktion einer Zeitschrift zu übernehmen. Frauen dürfen nicht einmal mehr als Mitredakteure genannt werden. Mit der "Lex Otto" wird für Louise Otto, eine der wenigen Redakteurinnen im Land, Berufsverbot ausgesprochen. Die "Frauen-Zeitung" stellt ihr Erscheinen ein. Am 5. Februar 1851 kann die "Frauen-Zeitung" wieder erscheinen. Sie wird in Gera als "ein Organ für die höheren weiblichen Interessen" begründet und fortgesetzt von Louise Otto. Diesmal steht sie unter der Verantwortlichkeit von Adolf Hofmeister, der sie redigiert und in seiner Zeitungs-Expedition herausgibt. Louise Otto war jedoch mit dessen Herausgebertätigkeit zunehmend unzufrieden. Vermutlich veränderte Hofmeister auch die Reihenfolge und die Inhalte der Zeitung, was streckenweise an den hiesigen Postverhältnissen der Zeit lag, die es nicht immer ermöglichten Louise Ottos Anweisungen und Beiträge rechtzeitig zum Bestimmungsort zu transportieren, sodass Hofmeister mitunter improvisieren musste. Einige Beiträge, die Louise Otto ihm sendete, kamen aber auch aufgrund von Zensurkontrollen nicht fristgerecht an. Am 6. Oktober 1853 erbittet der sächsische Regierungsrat Körner in Gera Auskunft zur "Frauen-Zeitung". In der Antwort vom 18. Oktober 1853 heißt es, die Zeitung sei bereits ab Juli dieses Jahres nicht mehr erschienen. Der Zeitrahmen, in dem die "Frauen-Zeitung" erschien, war also durch strenge Zensur und Polizeiaufsicht gezeichnet, die aufgrund der Ereignisse um den Dresdener Maiaufstand, aber auch durch deutschlandweite Proteste verstärkt wurden.

Inhalt

Die Frauen-Zeitung beherbergte auf ihren acht Seiten Rubriken wie:

"Blicke in die Runde"
  • Berichte zum aktuellen Zeitgeschehen (so auch Berichte über Hausdurchsuchungen bei Louise Otto oder Warnungen politisch brisantes Material auffindbar zu lagern; Ausweisungen; Prozesse und Verurteilungen wegen politisch anstößigem Verhalten wie das der Schauspielerin Wilhelmine Schröder-Devrient wurden kommentiert)
"Briefe" bzw. "Briefkasten"
  • LeserInnenzuschriften, auch in Form von Abhandlungen
  • in Kurzform aber auch komplexer
  • Thematisierung von politischen Fragen, Veröffentlichung von Briefen politisch Gefangener oder deren Familienangehörigen
"Anzeiger"
  • Buchwerbung, Veranstaltungswerbung

Des Weiteren fanden sich in der "Frauen-Zeitung" Beiträge unterschiedlicher Art, die nicht in Rubriken geordnet waren. Das Arrangement der Beiträge war keineswegs statisch; es konnte sich von Ausgabe zu Ausgabe ändern. Hier finden sich inhaltlich belletristische Beiträge (Stücke, Romane, Novellen, Gedichte, Reiseberichte etc.), historische Beiträge (unter anderem Biografien), Aufrufe (beispielsweise zur Unterstützung von Familien, derer Männer aufgrund des Revolutionsgeschehens und derer demokratischer Tätigkeiten inhaftiert oder geflohen waren oder zur Gründung eines Frauen-Vereins) und auch in fast jeder Ausgabe Buchbesprechungen. Inhaltlich konzentrierten sich die SchreiberInnen auf Themen, die die Frauen aktuell betrafen. Demokratische Forderungen wie Presse- und Meinungsfreiheit werden hier selbstverständlich verknüpft mit Fragen nach der Stellung der Frau in der Gesellschaft. Die letzte Seite der Zeitung beherbergte oft Werbung.

AutorInnen

Soweit aus Pseudonymen eruiert werden konnte, traten als AutorInnen meist Frauen und Männer aus dem gebildeten Bürgertum um Louise Otto auf, obwohl Louise Otto anderes in ihrer Erstausgabe gewünscht hatte. Deutlich war dort der Wunsch nach einer Stimme der Arbeiterinnen laut geworden.

Errungenschaften

Die "Frauen-Zeitung" wurde zu einem wichtigen historischen Dokument der ersten Frauenbewegung. Das sie sich für frauenrelevante Themen starkmachte, zeigen deren Inhalte. Die "Frauen-Zeitung" beweist aber auch, dass nicht nur Frauen sich für die Verbesserung ihrer Situation einsetzten, sondern ebenfalls Männer. In ihr gaben die SchreiberInnen ihren Anliegen, Wünschen, Hoffnungen und Ängsten Ausdruck und nicht nur das: Sie waren sehr wahrscheinlich jeweils eine repräsentative Stimme für eine Gruppe. Die "Frauen-Zeitung" bot, wie sich sehen lässt, erhebliches mitarbeiterisches Potenzial. Dieses schöpfte aus einem Fundus vieler unterschiedlicher Erfahrungswelten, die sich zu einer Wirkrichtung zusammenschlossen. Das Reich der Freiheit sollte nicht nur aus Bürgern bestehen, sondern aus Bürgern und Bürgerinnen. Dafür setzten sich hier Männer und Frauen ein. Sie und Louise Otto veröffentlichten nicht nur Ideale und Theorien, Erfahrungsberichte, Romane und Gedichte, sie demonstrierten mit der "Frauen-Zeitung" und vor allem auch mit deren Bestehen über einen Zeitraum von vier Jahren, das diese Ideen längst in die Praxis umsetzbar wurden. Dass und die politischen Beiträge machten das Erscheinen der "Frauen-Zeitung" brisant, wie deren Einstellungsumstände 1851 zeigte. Zudem bezeugt sie die aktive Teilnahme der Frauen an der 1848er Revolution sowie deren Aktivitäten, Bedürfnisse, Gedanken und Forderungen der folgenden Jahre. Hier ging es nicht allein um politische Veränderungen, hier ging es um Veränderungen, die jede kleine Zelle der Gesellschaft, die Familie, umformen sollte. Die "Frauen-Zeitung" erschien einmal wöchentlich, immer samstags und kostete 15 Neugroschen vierteljährlich.

Aktuell

Eine neue Frauen-Zeitung als Jubiläumsausgabe wurde vom Frauenstadtachiv Dresden im September 2015 herausgegeben. Alle Informationen zum Projekt Frauen-Zeitung, den AutorInnen sowie den Artikeln und wo diese Frauen-Zeitung erhältlich ist, finden sie auf der Homepage des Frauenstadtarchiv Dresden.

Links

Louise Otto Peters Gesellschaft

Frauenstadtarchiv Dresden


Spielend das Patriarchat bekämpfen? Das ist seit heute möglich mit dem druckfrischen Kartenspiel PATRIA(R)CIAO. Das Spiel beruht auf einem Zeitzeuginnen*-Projekt des Frauenstadtarchivs Dresden