Lilli Wieruszowski

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Lilli (Lili) Wieruszowski

Organistin und Komponistin (geb. am 10. Dezember 1899 in Köln, gestorben am 2. März 1971, Grab vermutlich in Basel)

Tochter der Frauenrechtlerin Jenny Wieruszowski und des frauenbewegungsfreundlichen Senatspräsidenten am Oberlandesgericht in Köln, Alfred Ludwig Wieruszowski. Die Eltern waren, da sie vier Töchter hatten (eine weitere starb früh), an der Gründung des ersten Mädchengymnasiums in Preußen (das Humanistische Mädchengymnasium in Köln) beteiligt. Die Eltern konvertierten vom Judentum zum Protestantismus und die Töchter wurden religiös erzogen. Als Erwachsene blieb jedoch nur Lilly Protestantin, eine Schwester wurde Katholikin, eine zweite kehrte zum Judentum zurück und die dritte gilt als Nichtreligiös.

Studium am Kölner Konservatorium, danach an der Hochschule für Musik Berlin. Ab 1925 Anstellung als Organistin an der Charlottenburger Epiphaniengemeinde, wo sie durch ihr virtuoses Orgelspiel beeindruckte.

Bereits 1933 ging L.W. nach Basel ins Exil. 20 Jahre lang lebte sie in prekärer Lage unter einer andauernden Ausweisungsdrohung (fehlende Arbeitsgenehmigung).

In der Schweiz, besonders in den 1940er und 1950er Jahren, machte sie sich als Komponistin (Hymnologin) einen Namen. U.a. vertonte sie Psalmen und religiöse Texte, zu denen noch keine Orgelnoten existierten. Berühmt wurden ihre Choralvorspiele: Die Orgel begann hymnisch, die Gemeinde beteiligte sich versetzt mit ihrem Gesang. Einige ihrer Stücke fanden Eingang in das Gesangbuch der evangelisch-reformierten Kirche.

Eine Schwester war die berühmte Historikerin Helene Wieruszowski. Vermutlich lebten die Schwestern in den späten 1940er Jahren zusammen.

Werke:

a) Choralvorspiele für Orgel, I: Hugenottenpsalmen (2-6 stimmige Sätze für Singstimmen und Instrumente zu Psalmen der reformierte Kirche, Chormusik, Z.T. mit Instrumentalbegleitung)

b) Choralvorspiele für Orgel, II : Verkündigung 1

darunter z.B. 1. Lobe den Herren 2. Herr Jesu Christ, dich zu uns wend 3. Aus tiefer Not 4. Nun jauchzt dem Herren, alle Welt 5. Morgenglanz der Ewigkeit 6. Vater unser im Himmelreich 7. Wachet auf, ruft uns die Stimme 8. Dankt, dankt dem Herrn und ehret (Psalm 47) - Bearbeiter(in) L.W. und Bernhard Henking nach einer Komposition von Claude Goudimel: ... 9. Choralvorspiele für Bläser (Kammermusik mit Singstimme)

CDs:

1. Deferred Voices - Organ Music By Women / Christa Rakich (1994 Label: Afka Catalog, darauf neben Fanny Mendelssohn-Hensel, Ethel Smyth, Amy Marcy Cheney Beach, Edith Borroff, Jeanne Demessieux, Emma Lou Diemer auch sechs "Chorale Preludes" (Choralvorspiele) von Lili (!) Wieruszowski (vorhanden u.a. an der Cornell University New York)

2. Women’s Work - Christa Rakich provides an annotated introduction to music of women composers for the organ. - Eingespielt in der Columbia University Chapel in New York City - Von Lili (!) Wieruszowski befindet sich darauf: 2 Chorale-preludes (Morgenglanz der Ewigkeit; Nun jauchzet dem Herren)

3. Singt mit froher Stimm, Coro SATB [Tr]

Noten:

Noten sind derzeit nur antiquarisch zu erwerben. Editionen:

  1. Schott in London
  2. Edition Foetisch in Lausanne (25 Choralvorspiele)
  3. Krompholz in Bern
  4. Zwingli Verlag in Zürich (Psalmen, Lobgesänge und geistliche Lieder der Christenheit, neu bearbeitet von Wilhelm Vischer, mehrstimmig gesetzt von Ina Lohr, Trudi Sutter und Lili Wieruszowski. Acht Hefte von Advent 1944 bis Sommer 1946)

Literatur:

  1. W. B. Henshaw: Bibliography of Organ Music, Bardon Music
  2. L.W.: Danket dem Herrn und ehret (1942/1946) In: Doris Brodbeck (Hg): Unerhörte Worte. Religiöse Gesellschaftskritik von Frauen im 20. Jahrhundert, eFeF-Verlag Bern/Wettingen 2003, S. 160f. (http://www.efefverlag.ch)
  3. Marion Kaplan - Redefining Judaism in Imperial Germany : Practices, Mentalities, and Community, in: Jewish Social Studies Volume 9, Number 1, Herbst 2002 (New Series), S. 1-33 (Indiana University Press)
  4. Peter Ernst Bernoulli: Lili Wieruszowski (1899-1971). Der Genfer Psalter als neue Heimat, in: Der Genfer Psalter. Eine Entdeckungsreise, hg. v. Peter E. Bernoulli und Frieder Furler, TVZ Zürich 2001, S. 251-262.
  5. Hans-Jürg Stefan/Peter Ernst Bernoulli: Lili Wieruszowski. Die Hugenottenpsalmen (1945), in: Die Reformierten. Suchbilder einer Identität, hg. v. Matthias Krieg und Gabrielle Zangger-Derron, TVZ Zürich 2002, S.361-363.

Nachlass:

  1. FrauenMusikForum Schweiz, Konsumstr. 6, CH-3007 Bern, Tel. +41 (0)31/372 72 15, E-Mail: info@fmf.ch
  2. Weiterer Nachlassteil vermutlich in einem Familien-Archiv der Guggenheims [1] G013/41
  3. Ruth Pincus-Wieruszowski: Erinnerungen an Alfred Wieruszowski (1857-1945). Memoirs, Microfilms ; 55 S.; Archives ME 270; MM 81 Call no. Berlin: Leo Baeck Institute JMB MM 81, unveröff.)
  4. Diary by Jenny Wieruszowski, written 1894-1918, dealing with the childhood and youth of her daughters Marie, Helene, Clara, Lilli, and Ruth (unveröff.)

Weitere Links:

  • [2] Orgelspielerin, die L.W.s Werke spielt und bekannt macht
  • [3] CD
  • [4] CD
  • [5] Noten
  • [6] FrauenMusikForum Schweiz
  • [7] Noten
  • [8] Seite von classical composers
  • [9] Informationen zur Rezeptionsgeschichte]
  • [10] Biographien von OrganistInnen


Spielend das Patriarchat bekämpfen? Das ist seit heute möglich mit dem druckfrischen Kartenspiel PATRIA(R)CIAO. Das Spiel beruht auf einem Zeitzeuginnen*-Projekt des Frauenstadtarchivs Dresden